Zuckergehalt im Pferdefutter


Was versteht man unter Zucker?

Zucker zählt wie auch Stärke zur Stoffklasse der Kohlenhydrate. Die in der Natur vorkommenden Kohlenhydrate sind hauptsächlich pflanzlichen Ursprunges und bilden einen Hauptbestandteil der Nahrung vieler Tiere.

Unter Zucker versteht man landläufig Einfach- und Zweifachzucker wie beispielsweise Glukose (Traubenzucker) und Fruktose (Fruchtzucker). In verschiedenen Kombinationen können sich Einfachzucker zu Zwei- oder Mehrfachzucker zusammenfügen. Kohlenhydrate lassen sich zudem aber auch in Nicht-Struktur- und Struktur-Kohlenhydrate unterteilen. Nicht-Struktur-Kohlenhydrate wie z.B. Einfachzucker und Stärke bewirken einen schnellen Anstieg des Blutzuckerspiegels, da sie schneller vom Körper aufgenommen werden können. Zu den Struktur-Kohlenhydraten zählen beispielsweise Hemizellulose, Zellulose und Pektin. Diese liegen in den Zellwänden von Pflanzen vor und dienen dort als Gerüstbildner. Zucker bildet sich in Pflanzen auf natürlichen Weg durch die Photosynthese (Energiegewinnung der Pflanze durch Sonnenlicht).

Ein wichtiges Reservekohlenhydrat der Pflanze stellt Stärke dar. Stärke ist vor allem in Getreidekörnern, Kartoffeln und Mais enthalten. Aber auch Fruktane dienen Pflanzen der gemäßigten Klimazone als Energiezwischenspeicher und werden hauptsächlich in den Stängeln der Pflanze gespeichert. So kann sehr kurzes Gras sehr fruktanreich sein. Da bei niedrigen Temperaturen die Pflanze weniger wächst und mehr Energie zwischenspeichert, werden auch weniger Fruktane verbraucht. So ist der Fruktangehalt der Pflanzen bei sonnigem aber kaltem Wetter am Höchsten, da viel Fruktan gebildet, jedoch kaum verbraucht wird. Auch kommt es zu tageszeitlichen Schwankungen des Fruktangehaltes der Pflanze. Ursache dafür können unterschiedliche Temperaturen, Lichtintensitäten sowie Fruktanreserven vom Vortag sein. Je nach Grasart variiert auch der Fruktangehalt. So gehören beispielsweise Knaulgras oder Wiesenlieschgras zu den Gräsern, welche als fruktanarm gelten.

Fruktane werden als Hauptursache für die Entstehung von Hufrehe angesehen. Sie werden erst im Dickdarm des Pferdes abgebaut und können dort zur Störung der Dickdarmflora mit toxischen Folgen für den Gesamtorganismus führen. Zu den Fruktanen zählt auch Inulin, welches in den Knollen von Topinambur vorkommt, was in manchen Futtermitteln enthalten ist. Dies sollte bei reheempfindlichen Pferden beachtet werden.
 

Zuckergehalt im Raufutter

Auch im Heu ist immer Zucker enthalten. Der Gehalt an Zucker im Gras und später auch im Heu hängt unter anderem von der Grassorte, des Schnittzeitpunktes sowie den Umweltbedingungen während des Pflanzenwachstums ab. Zu diesen Umweltbedingungen zählen beispielsweise Temperatur, Lichtintensität und die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen. Auch hängt der Zuckergehalt von der Grasart sowie dem Zeitpunkt der Ernte ab. Nutztierorientierte Hochleistungsgräser sind für die Pferdefütterung ungeeignet. Diese Gräser sind rohfaserarm und enthalten nicht nur mehr Eiweiß und Energie sondern auch einen deutlich höheren Anteil an Zucker, was insbesondere für rehegefährdete aber auch leichtfuttrige Pferde ungeeignet ist.

Ein Zuckergehalt von 10 % im Heu ist nicht selten – im Gegenteil. Dies zeigen auch Untersuchungen in der Schweiz. Dort wurde im Kanton Wallis zu verschiedenen Zeitpunkten Heu vom 1. Schnitt analysiert (http://www.feed-alp.admin.ch/#). Dabei wurden Zuckerwerte im Schnitt um die 100 g je kg TS (Trockensubstanz) bei Heu vom ersten Schnitt gemessen. Der höchste Wert lag bei 180 g/kg TS. Jedoch sollte man dabei auch beachten, dass dort der Zuckergehalt bezogen auf die Trockensubstanz Heu und nicht auf die ursprüngliche Substanz (inkl. Wassergehalt) angeben wurde. Dies sollte man berücksichtigen, wenn man verschiedene Analysenwerte miteinander vergleicht. Ähnliche Ergebnisse zeigen auch die in Eigenregie veranlassten Untersuchungen von Frau Dr. Romanazzi (http://www.offenstallkonzepte.com/versuche_zuckergehalt.htm). Hier wurden sogar Werte von 150-200 g Gesamtzucker (inkl. Fruktan) je kg Trockensubstanz gemessen.
 

Was passiert mit den Kohlenhydraten im Körper des Pferdes?

Im Körper der Tiere werden Kohlenhydrate in Form von Glukose transportiert und als Glykogen gespeichert. Die im Blut gelöste Glukose ermöglicht die stetige Energieversorgung des Körpers. Um den Blutzuckergehalt zu regulieren, wird das Hormon Insulin in der Bauchspeicheldrüse gebildet.

Einfachzucker wie Glukose und Fruktose müssen im Verdauungstrakt des Pferdes nicht weiter aufgespalten werden, da sie unmittelbar über die Darmwand aufgenommen werden können.  In den getreidereichen Zusatzfuttern ist Stärke meist die Hauptkomponente. Stärke wird im Dünndarm des Pferdes durch das körpereigene Enzym Amylase verdaut. Beispielsweise wird die feinkörnige Stärke des Hafers über 80 Prozent im Dünndarm verdaut. Die Verdauung grobkörniger Stärken wie beispielsweise von Mais und Gerste ist dort jedoch wesentlich geringer. Durch Quetschen oder Wärmebehandlung kann man die Verdaulichkeit im Dünndarm davon jedoch nachhaltig steigern.

Frisst das Pferd leichtverdauliche Kohlenhydrate wie beispielsweise stärkereiches Kraftfutter, so steigt innerhalb kurzer Zeit der Blutzuckerspiegel an. Dann kommt es zu einer schnellen Ausschüttung von Insulin, welches Leber-, Muskel- und Fettzellen dazu veranlasst den Zucker im Blut aufzunehmen und als Glykogen zu speichern. Wird Stärke im Dünndarm nur unvollständig abgebaut, fließt der übrige Stärkeanteil in den Dickdarm. Diese Stärke wird dann im Dickdarm auch von den Mikroben abgebaut. Wird jedoch diesen eine hohe Menge an stärkehaltigem Futtermittel zugeführt, kommt es zu kritischen Veränderungen in der Zusammensetzung der Mikroben im Darm (Dysbiose). Diese Veränderung der Mikroben kann schwerwiegende Verdauungsstörungen und Stoffwechselerkrankungen nach sich ziehen.

Strukturbildende Kohlenhydrate wie Zellulose, Hemizellulose und Pektine passieren den Dünndarm weitgehend unverändert. Im Dickdarm werden diese dann mikrobiell verdaut, wodurch flüchtige (kurzkettige) Fettsäuren entstehen, welche wiederum über die Darmwand aufgenommen werden und das Pferd mit Energie versorgen. Der Verdauungsapparat des Pferdes ist auf die mikrobielle Dickdarmverdauung dieser pflanzlichen Gerüststoffe ausgelegt. Frisst das Pferd rohfaserhaltiges Futter, welches arm an leichtverdaulichen Kohlenhydraten ist, steigt der Blutzuckerspiegel langsamer an im Vergleich zu einer stärke- und zuckerreichen Fütterung.

Da eine stärke- und zuckerreiche Fütterung zu einer hohen Anflutung von Glukose und Insulin im Körper führt, kann dies zur Insulinresistenz führen. Dies bedeutet, dass das Gewebe vermindert auf Insulin mit der Aufnahme von Glukose reagiert. Daher muss weitaus mehr Insulin freigesetzt werden, bis es zu einer Wirkung kommt. Da die Regulation des Blutzuckergehaltes auf Dauer nicht mehr voll funktionstüchtig ist, kommt es zu Überzuckerungen und entsprechenden Folgen für den gesamten Körper. Beispielswiese liegt bei Pferden, die an EMS erkrankt sind, eine Insulinresistenz vor.
 

Zucker in Agrobs-Produkten

Wir von Agrobs geben bei fast allen unserer Produkte für Pferde den Stärke-, Zucker- und Fruktangehalt an, auch wenn wir als Futtermittelhersteller dazu nicht verpflichtet sind. Die ist für uns selbstverständlich, um insbesondere Pferden mit Stoffwechselerkrankungen eine bedarfsgerechte Fütterung zu ermöglichen.

 
  PRE ALPIN® Wiesencobs – melassefrei seit 1983!
Dr. med. vet. Katharina Boes
August 2016©AGROBS GmbH
Quellen*:
  • Meyer H., Coenen M.: Pferdefütterung. Enke Verlag Stuttgart, 2014
  • Dahlhoff S.: Fruktangehalt im Gras von Pferdeweiden während der Weidesaison 2002. Tierärztliche Hochschule Hannover, 2003
  • Bradarić Z.: Untersuchung zum Equinen Cushing Syndrom und Prüfung der Wirksamkeit von Vitex agnus-castus (Mönchspfeffer) bei der Behandlung des Equinen Cushing Syndroms. Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin, 2012
  • Boeck, G.: Kurzlehrbuch Chemie. Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, 2003
  • Jilg T.: Alternativen zu Heu in der Pferdefütterung. Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild, Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW), Aulendorf, 2012
  • Bender I.: Praxishandbuch Pferdeweide. Franckh-Kosmos VerlagsGmbH & CO. KG, Stuttgart, 2007
  • Bender I., Ritter T.: Praxishandbuch Pferdegesundheit. Franckh-Kosmos VerlagsGmbH & CO. KG, Stuttgart, 2008
  • Kirchgeßner, Roth, Schwarz, Stangl: Tierernährung. DLG-Verlags-GmbH, 2008
  • Kienzle E., Fritz J.: Fütterungsbedingte Rehe – Rezidivprophylaxe beim übergewichtigen Pferd. Tierärztliche Praxis Großtiere 4/2013, S. 257-264

(* Die Quellenangaben beziehen sich auf den fachlichen Inhalt des Textes und nicht auf die Produktempfehlungen)