Getreidefreie Fütterung - warum?

Die getreidefreie Fütterung von Pferden ist heutzutage nicht mehr wegzudenken. Dabei ist dies kein neuer Trend sondern entspricht der natürlichen Ernährung des Urpferdes. Denn Pferde sind seit Urzeiten an eine konstante Aufnahme faserreicher und energiearmer Nahrung angepasst und nehmen in der Natur nur geringe Mengen an Getreide durch getreidehaltige Sämereien auf. So hat es sich schon in der Steppe von Gräsern, Kräutern, Laub und zu niedrigen Anteilen von Gräsersamen ernährt.

Anatomisch ist das Pferd auf die Verdauung von Rohfaser ausgelegt. Durch die breiten, großen Backenzähne mit ihrer rauen Kaufläche sind Pferde in der Lage auch harte Gräser fein zu zermahlen.

Der Hauptverdauungsvorgang findet beim Pferd im Dickdarm insbesondere in den voluminösen Gärkammern Blinddarm und Grimmdarm statt. Hier wird das pflanzliche Fasermaterial mit Hilfe der Mikroorganismen der Dickdarmflora aufgeschlossen. Diese Mikroorganismen bilden flüchtige Fettsäuren, Milchsäure, Eiweiß und wasserlösliche Vitamine. Hierzu gehören B-Vitamine aber auch Vitamin H, welches auch unter dem Namen Biotin bekannt ist. Diese Nährstoffe stehen dann wiederum dem Pferd zur Verfügung.

Zucker, Stärke, Eiweiß (=Protein) und Fett werden dagegen von körpereigenen Enzymen zum Teil schon im Magen aber vor allem im Dünndarm verdaut. Zucker und Stärke sind schnell verfügbare Energieträger. Auch Fett stellt einen wichtigen Energieträger dar und liefert aber zudem noch wichtige essenzielle Fettsäuren. Fettsäuren nehmen auf viele lebenswichtige Abläufe des Körpers wie beispielsweise das Herz-Kreislauf-System, Hormonsystem, die Versorgung von Haut- und Schleimhautzellen sowie Gehirn- und Nervenfunktionen Einfluss. Eine ausreichende Eiweißaufnahme ist beispielsweise wiederum für die Bildung von Hormonen, Enzymen, für die Muskelfunktion sowie das Immunsystem notwendig. Daher sollte das Futter alle wichtigen Nährstoffe in bedarfsgerechter Menge liefern, die der Pferdekörper benötigt.

Während der Futterbrei im Dickdarm (Blinddarm und Grimmdarm) 33-44 Stunden verweilt, so durchläuft er den Dünndarm bereits in ca. 1,5 Stunden. Getreide, dass während dieser Zeit nicht fertig verdaut wurde, gelangt dann in den Dickdarm und kann dort das Gleichgewicht der Darmflora maßgeblich stören und so zu schweren gesundheitlichen Störungen wie Hufrehe führen.
 

Weshalb wird oder wurde Getreide gefüttert?

Mit Beginn der Domestikation des Pferdes hat sich an der Pferdeernährung vorerst wenig geändert. Erst als der Ackerbau intensiviert wurde und vom Pferde höhere Leistungen abverlangt wurden, wurden energiedichtere Futtermittel gefüttert. Neben Laub, Gras, Heu, Stroh und Luzerne wurden zudem Rüben und Getreide wie Gerste und Weizen sowie Wicken, Erbsen und Kichererbsen gegeben.

Getreide diente damals wie auch heute zur schnellen Energiezufuhr. Eine Höchstmenge an Kraftfutter von 0,3 kg je 100 kg Körpermaße pro Mahlzeit sollte hierbei jedoch nicht überschritten werden. Diese Empfehlung gilt für Mischfutter mit einem Stärkegehalt von 30-40 %. Hinsichtlich Stärke wird empfohlen, nicht mehr als 1 g Stärke je kg Körpermaße pro Mahlzeit zu füttern. Wenn man von einem Pferd mit einem Körpergewicht von 500 kg ausgehen würde, wären das pro Mahlzeit maximal 500 g Stärke. Dies entspricht nach Tabelle 1 einer maximalen Menge von 1,068 kg Hafer pro Mahlzeit. Insgesamt sollte die Tagesration auf mehrere Mahlzeiten aufgeteilt werden. Wir von AGROBS empfehlen den Getreideanteil in der Fütterung möglichst gering zu halten, da die wenigsten Pferde eine so eine Leistung erbringen, dass solch große Mengen an Getreide oder Kraftfutter notwendig sind. Übergewicht und Stoffwechselentgleisungen können dann die Folge sein.
 
Tabelle 1: Stärkegehalt verschiedener Getreidearten auf die ursprüngliche Substanz bezogen

Getreide

Stärkegehalt (g/kg uS)

Hafer

468

Gerste

604

Mais

732

 

Ist Getreide in der Fütterung schlecht?

Nein – die Fütterung von Getreide ist nicht schlecht. Auch in der Natur nehmen die Pferde geringe Mengen an Getreide durch getreidehaltige Samen auf. Wichtig ist nur, dass nicht zu viel Getreide gefüttert und die Menge vom Kraftfutter allgemein auf den jeweiligen Körperzustand des Pferdes individuell angepasst wird. Der Hauptanteil in der Pferdefütterung sollte immer ausreichend Raufutter darstellen (mind. 1,5 kg Heu je 100 kg Soll-Körpergewicht).

Die für die Fütterung des Pferdes gebräuchlichen Getreidearten wie Hafer, Gerste und Mais zeichnen sich durch einen hohen Stärke-, mittleren Eiweiß- und mäßigen Fettgehalt aus. Unterschiede bei diesen Getreidearten bestehen insbesondere in der jeweiligen Stärkestruktur, welche sich wieder auf die Verdaulichkeit auswirkt. So zerfallen die Stärkekörner des Hafers schneller, was zu einer hohen Verdaulichkeit des Haferkornes führt. Mais und Gerste sind dagegen schlechter verdaulich und sollten erst nach Aufschluss (möglichst thermisch) gefüttert werden.

AGROBS bietet folgende getreidehaltigen Produkte an, die zudem einen hohen Anteil an strukturreicher Rohfaser enthalten, in denen wie gewohnt keine Melasse enthalten ist:

  • HaferWiese Sportmüsli – das naturnahe Müsli mit einem hohen Anteil an pferdegerechter Struktur in Kombination mit Schwarz- und Gelbhafer

  • Maiscobs, in denen die ganze Maispflanze enthalten ist

  • Kraftpaket, eine Kombination aus eiweißreichen Wiesengräser und –kräutern, Luzerne und der ganzen Maispflanze

  • Horse Alpin Senior, ein Futter für alte Pferde oder Pferde mit Kauproblemen


Bei typischen Wohlstandserkrankungen wie dem Equinen Metabolischen Syndrom (EMS) und Hufrehe sollte jedoch komplett auf Getreide in der Fütterung verzichtet werden. Auch bei Magengeschwüren (Magenulzera) empfiehlt es sich kein Kraftfutter zu füttern. Bei reiner Heufütterung konnte ein deutlich höherer pH-Wert im Magen festgestellt werden als bei der Fütterung einer Mischration aus Heu und Kraftfutter. Sinkt der pH-Wert weiter ab in den sauren Bereich, hat dies einen Angriff auf die Magenschleimhaut zur Folge. Des Weiteren sollte bei der erblich bedingten Muskelerkrankung PSSM (Polysaccharidspeicherkrankheit) auf eine stärkereiche Fütterung möglichst verzichtet werden. Liegt eine Erkrankung an Equinem Cushing Syndrom (ECS) vor mit bestehender Insulinresistenz oder Hufrehe ist ebenfalls der Verzicht auf stärkehaltige Futtermittel anzuraten.

Getreidefreie Kraftfutteralternativen

Als erstes getreide- und melassefreies Müsli vereint AlpenGrün Müsli alle Eigenschaften einer naturnahen und artgerechten Fütterung. Hochwertige Trockengrünfasern kombiniert mit Blumenblüten, Himbeer- und Brombeerblättern, Wurzelgemüse und Obst liefern eine Vielzahl natürlicher Vitalstoffe und Mineralien. Der hohe Rohfasergehalt fördert die Darmgesundheit und verlängert zudem die Fresszeit.
Durch den moderaten Stärke- und Zuckergehalt eignet sich AlpenGrün Müsli auch für stoffwechselkranke oder -empfindliche Pferde.

Eine sehr beliebte getreidefreie Kraftfutteralternative stellt Luzerne dar. Da Luzerne reich an hochwertigem Eiweiß ist, eignet sich die Luzerne insbesondere während des Winters als Aufbaufutter, wenn keine Weidemöglichkeit zur Verfügung steht.  Zur Ergänzung von Luzerne eignen sich Luzernecobs sowie Luzerne+. Letzteres besteht aus einer Mischung von Luzerne und Grünhafer (Verhältnis 4:1). Ein besonders schonendes und doch energiereiches Kraftfutter ist AlpenGrün Pellet.

Sehr leichtfuttrigen oder zu dicken Pferden kann man das faserreiche Beschäftigungsfutter LeichtGenuss anbieten. Auch für Pferde, die verletzungsbedingt Boxenruhe halten müssen, eignet sich dieses energiearme Futter besonders gut, um für Beschäftigung zu sorgen.

Auch Grünhafer bietet sich als schmackhafte, rohfaserreiche Kraftfutteralternative an. Zwar handelt es sich beim Grünhafer um eine Getreidepflanze, jedoch wird der Grünhafer schon kurz nach der Blüte geerntet, bevor die Stärke in das Korn eingelagert wird. Dadurch zeichnet sich der Grünhafer durch einen niedrigen Stärke- aber auch Zucker- und Fruktangehalt aus.

 

Dr. med. vet. Katharina Boes
Januar 2017  ©AGROBS GmbH


Quellen:

  • Meyer H., Coenen M.: Pferdefütterung. Enke Verlag Stuttgart, 2014

  • Bender I.: Praxishandbuch Pferdefütterung. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG Stuttgart 2009

  • Kienzle E., Fritz J.: Fütterungsbedingte Rehe – Rezidivprophylaxe beim übergewichtigen Pferd. Tierärztliche Praxis Großtiere 4/2013

  • Damke, C.: 24-stündige intragastrale pH-Metrie beim Pferd während der Fütterung verschiedener Rationen. Universität Leipzig, 2008

  • http://www.feed-alp.admin.ch/#

  • van Ost, S.: Eine Feldstudie zu Energiebedarf und Rationsgestaltung bei Hochleistungsspringpferden. Ludwig-Maximilians-Universität München, 2015