Die Fütterung in den ersten drei Lebensjahren

Die Jungpferdefütterung stellt durch das Wachstum und den damit einhergehenden erhöhten Protein-, Energie- und Mineralstoffbedarf eine andere Anforderung an die Fütterung im Vergleich zu ausgewachsenen Pferden dar. Gleichzeitig ist sie die Basis für ein gesundes, leistungsstarkes adultes Pferd.  Eine angepasste Fütterung in den ersten Lebensjahren ist von großer Bedeutung. Es gilt Unterentwicklungen durch Nährstoffmängel, gleichzeitig aber auch Überversorgungen und damit einhergehende Entwicklungsstörungen zu vermeiden. Denn vor allem Störungen in der Skelettentwicklung, die auf Fehler in der Fohlen- und Jungpferdefütterung zurückgehen, können auch im Laufe eines Pferdelebens zu Problemen führen.
 

Die Versorgung des Fohlens nach der Geburt

Saugfohlen erhalten die ersten sechs bis acht Wochen die notwendige Energie und Nährstoffe durch die Muttermilch. Sie benötigen daher kein zusätzliches Futter. Die Fohlen stehen normalerweise innerhalb einer Stunde nach der Geburt selbstständig auf und nach spätestens zwei Stunden saugen sie das erste Mal an den Milchdrüsen der Mutterstute. Die erste aufgenommene Milch, das sogenannte Kolostrum oder auch Biestmilch, ist notwendig für jedes Fohlen. Denn mit der Geburt wechseln die Fohlen von einer keimfreien Umgebung im Uterus zu einer keimreichen Umgebung. Anfangs haben die Neugeborenen noch keine Antikörper, mit denen sie sich gegen Keime schützen können. Durch die Aufnahme der ersten Kolostrumportion nehmen die Fohlen vorproduzierte Antikörper (Immunglobuline) durch die Muttermilch auf, die das Fohlen vor Infektionen schützen. Dieser Vorgang nennt sich passive Immunisierung. Das Kolostrum enthält nicht nur wichtige Nährstoffe, sondern auch einen erhöhten Eiweißgehalt und eine hohe Konzentration an Vitamin A. Die Mutterstuten sollten möglichst vier bis sechs Wochen vor der Geburt in der Umgebung stehen, in der das Fohlen schließlich auf die Welt kommen wird. Nur so kann die Kolostralmilch umgebungsspezifische Antikörper entwickeln. Bei der Biestmilch wird zwischen „high and low quality colostrum“ unterschieden. Die Qualität ist abhängig von der Anzahl der bisherigen Laktationen, der Rasse, der Größe und des Alters der Mutterstute. Aber auch Faktoren wie das Training, die Haltung, Saison, Temperatur und die Impfprogramme nehmen Einfluss auf die Qualität der Kolostralmilch. Eine schlechte Qualität, eine mangelnde Absorption der Antikörper oder gar eine komplett fehlende Aufnahme des Kolostrums kann für das Fohlen lebensgefährlich werden. In den ersten Wochen ist diese Milch die einzige Immunglobulinquelle, um das Fohlen vor Infektionen zu schützen. Fohlen saugen ungefähr 50-mal in 24 Stunden. Dies muss berücksichtigt werden, wenn mit der Stute bereits einige Wochen nach der Geburt wieder gearbeitet wird. Für die immunologische Ausreifung des Magen-Darm-Traktes fressen die Fohlen mehrmals täglich den Kot ihrer Mutter. Das ist ein normales, sogar wichtiges Verhalten der Fohlen und sollte nicht verboten werden.

Kommt es im schlimmsten Fall dazu, dass die Mutterstute stirbt, muss entweder eine Ammenstute, die als Ersatzmutter das Fohlen großzieht, aufgesucht werden oder eine mutterlose Aufzucht erfolgen. Insofern das mutterlose Fohlen das Kolostrum nicht von der Ammenstute aufnehmen kann, sollte man eine konservierte Stutenkolostrumportion einsetzen. Die normale Stutenmilch kann bei einer mutterlosen Aufzucht durch einen Milchaustauscher ersetzt werden. Fohlen müssen in der ersten Woche zwischen 10-15mal am Tag getränkt werden. Dabei dürfen die Pausen nicht länger als vier Stunden sein. In der zweiten Woche reicht es die Fohlen nur noch halb so oft zu tränken. Später können die Fohlen an Milchaustauschertränken gewöhnt werden, aus der die Fohlen kontinuierlich kleine Mengen aufnehmen können. Aus hygienischen Gründen ist die Tränke zweimal täglich zu reinigen und nur bei Umgebungstemperaturen von 15-20 Grad zu nutzen. Mit ca. drei Monaten wird die Tränkemenge immer weiter reduziert und durch Raufutter ersetzt.

Da das Fohlen die ersten Wochen ausschließlich durch die Milch der Stute ernährt wird, ist es hier besonders wichtig auch die Stute entsprechend bedarfsdeckend zu füttern. Mehr dazu findet ihr in dem Themenweltartikel: Zuchtstuten bedarfsdeckend füttern.
 

Beginn der Festfutteraufnahme

Mit der Zeit verliert die Muttermilch an Proteinen und Energie. Auch der Gehalt an Mineralstoffen nimmt ab. Ab dem dritten Monat reicht die Versorgung mit der Muttermilch nicht mehr aus und die Festfutteraufnahme beginnt. Durch Nachahmen lernen die Fohlen spielerisch Heu zu zupfen und Gras zu fressen. Die Saugfrequenz lässt allmählich nach. Anfangs liegen die Mengen an Heu zwischen 100-150g täglich und werden im Laufe der Zeit gesteigert. Ab diesem Zeitpunkt ist sowohl auf eine ausreichende Versorgung mit essenziellen Aminosäuren als auch Spurenelementen wie Kupfer, Zink und Selen und Vitaminen zu achten. Die ersten sechs Monate sind die wachstumsintensivste Zeit. Nach etwa einem halben Jahr erreichen die Fohlen ca. 46% von ihrem späteren Endgewicht. Während dieser Zeit ist besonders auf eine ausreichende Energie- und Nährstoffversorgung zu achten. Fohlen, die im Sommer auf einer ertragsreichen Weide stehen, können in der Theorie durch das Gras genug Vitamine und Mineralien aufnehmen. Oft mangelt es den heimischen Weideflächen jedoch an genügend Aufwuchs und gut mineralisierten Böden, die Proteinversorgung ist gelegentlich unzureichend und auch Calcium und Phosphor sind häufig nicht ausreichend vorhanden. Hier müssen die Fohlen mit einem speziellen Mineralfutter unterstützt werden, ebenso wie die Fohlen in der Stallhaltung. Außerdem ist auf die Aminosäurezusammensetzung im Zusatzfutter zu achten. Die wichtigsten Aminosäuren wie Lysin, Methionin, Threonin und Cystein sollten darin enthalten sein. Fehlen beispielsweise schwefelhaltige Aminosäuren, können sich die Hufhornzellen schlechter ausbilden und sind somit anfälliger für Umwelteinflüsse.

Die Fütterung nach dem Absetzen

Im Alter von 6 Monaten können die Fohlen frühestens abgesetzt werden. Das bedeutet für die jungen Absatzfohlen oft einen Ortswechsel, der mit viel Stress und einer Fütterungsumstellung verbunden ist. Um Störungen in der Wachstumsphase zu vermeiden, ist in dieser Zeit besonders auf eine ausreichende Energiezufuhr und Proteinversorgung zu achten.  Die hochwertige Protein- und Nährstoffversorgung aus der Muttermilch fehlt den Fohlen nun und muss durch spezielles Ergänzungsfutter ausgeglichen werden. Grundsätzlich reagieren Fohlen sehr empfindlich auf Fütterungsumstellungen. Futterwechsel sollten daher vorsichtig erfolgen und Überfütterungen vermieden werden.

Ein Großteil der Absetzer wird zum Winter hin aufgestallt. Da sich die Fohlen noch im intensiven Wachstum befinden, brauchen Sie weiterhin eine bedarfsdeckende Menge an Energie und Nährstoffen. Der Bedarf des Fohlens setzt sich aus dem sogenannten Erhaltungsbedarf sowie dem Mehrbedarf, der aus dem Wachstum resultiert, zusammen.  Jedoch müssen hierbei tierindividuelle Unterschiede berücksichtigt werden. Unterschiedliche Bewegungsaktivitäten, unterschiedliche Qualitäten der Futtermittel und verschiedene Umweltbedingungen spielen in dem Zusammenhang eine Rolle. Bei Fohlen, die jedoch nur gemäß dem Erhaltungsbedarf gefüttert werden, verlangsamt sich das Wachstum. Das können die Tiere in der Regel jedoch gut ausgleichen. Grund hierfür ist das so genannte kompensatorische Wachstum. Ein vermindertes Wachstum, aufgrund eines Fütterungsmangels, wird nachfolgend durch eine gesteigerte Wachstumsrate aufgeholt, sobald die Fütterung wieder bedarfsdeckend stattfindet. Durchaus größeren Schaden kann eine Überfütterung anrichten. Bekommen Fohlen von Anfang an zu viel Futter, insbesondere zu viel Kraftfutter, kann das Skelettwachstum negativ beeinflusst werden und Entwicklungsstörungen können die Folge sein. Eine Gefahr ist ein zu schnelles intensives Wachstum bei verzögerter Knochenreifung. Das hat zur Folge, dass der nicht vollständig ausgebildete Trageapparat des Fohlens durch schwere Muskeln und Fettpolster überlastet wird. Jungtiere können diese Überlastung häufig kompensieren, es treten jedoch vermehrt Spätfolgen auf. Insgesamt ist ein nicht zu schnelles kontinuierliches Wachstum anzustreben.

 

Die Fütterung von Jährlingen

Die beste Futtergrundlage für Jährlinge bietet die Weide. Jedoch sollte die Umstellung auf eine reine Weidehaltung vorsichtig erfolgen und anfangs durch Heu unterstützt werden. Durch die Grünfutteraufnahme von 2-2,5kg pro 100kg Körpermasse/Tag und einer Energiedichte von 7-10MJ ME/kg Trockensubstanz wird der tägliche Energiebedarf eines Jährlings meist sogar übertroffen. Nur bei mangelndem Aufwuchs sollte Heu und/oder Kraftfutter zugefüttert werden, da durch das Wachstum immer noch ein erhöhter Bedarf besteht. Im Sommer kann man ein eiweißärmeres Kraftfutter wählen, da durch das Gras bereits ausreichend Eiweiß aufgenommen wird. Oft muss aufgrund von mineralstoffarmen Böden Calcium und Phosphor zugefüttert werden. Teilweise treten auch Mängel von Kupfer, Jod, Selen oder Zink auf. Die Gabe eines hochwertigen Mineralfutters ist also essenziell wichtig. Der Einsatz eines Minerallecksteins ist hier kritisch zu betrachten, da die tatsächlich aufgenommene Menge nicht kontrollierbar ist.

Zum Herbst hin werden die meisten Jährlinge aufgestallt und Raufutter dient als Fütterungsgrundlage. Die Hauptwachstumsphase ist zu dem Zeitpunkt abgeschlossen. Neben dem Grundfutter sollte weiterhin ein Mineralfutter gegeben werden. Ob ein Kraftfutter nötig ist, ist abzuwägen. Die genaue Menge und Art des Kraftfutters hängen von der Rasse, der Rauffuttermenge und Qualität, sowie der Haltung ab. Bei Unsicherheiten zur Rationsgestaltung eures Jungpferdes, hilft unser Beratungsteam zu Fütterungsfragen gerne weiter.

Die folgende Tabelle zeigt einen Ausschnitt der Versorgungsempfehlungen für ein Warmblut im Wachstum mit einer erwarteten Körpermasse von 600kg als adultes Pferd in verschiedenen Altersstufen:

Versorgungsempfehlung Warmblutfohlen, erwartete Körpermasse 600kg

Alter (Monat)

3

4

5

6

12

18

24

36

Körpermasse aktuell (kg)

190

222

251

278

401

481

534

597

Anteil der Milch an der Energieaufnahme (%)

0,80

0,65

0,52

0,44

0,00

0,00

0,00

0,00

Energiebedarf pro Tag (MJ ME)

41

44

47

49

59

66

72

75

Präzäkal verdauliches Rohprotein (g/Tag)

467

457

449

443

420

409

402

395

Calcium (g/Tag)

24,7

25,6

26,7

27,1

33,8

29,5

26,9

24,0

Phosphor (g/Tag)

12,6

13,4

14,3

14,8

21,7

19,0

17,3

15,4

Magnesium (g/Tag)

1,9

2,2

2,6

2,9

5,3

5,8

6,1

6,5

Kupfer (mg/Tag)

51

57

63

68

90

90

90

121

Zink (mg/Tag)

230

259

284

306

403

403

403

543

Eisen (mg/Tag)

256

287

315

340

448

448

448

604

Mangan (mg/Tag)

230

259

284

306

403

403

403

543

Selen (mg/Tag)

0,8

0,9

0,9

1,0

1,3

1,3

1,3

1,8

Jod (mg/Tag)

0,8

0,9

0,9

1,0

1,3

1,3

1,3

1,8

Vit. A (IE/Tag)

15334

17244

18924

20420

26861

26861

26861

36224

Vit. D (IE/Tag)

5623

6323

5677

5445

6268

6268

6268

6037

Vit. E (IE/Tag)

511

575

631

681

895

895

895

1207

Quelle: Coenen, M.; Vervuert, I. (2020): Pferdefütterung. Basierend auf Daten der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie. Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Pferden (2014)

Die Fütterung von Dreijährigen

Mit Anbruch des dritten Lebensjahres ist der Energiebedarf noch geringer als im Jahr davor, weil das Größenwachstum so gut wie abgeschlossen ist. Der tägliche Bedarf variiert jetzt, genau wie bei adulten Reitpferden auch, mit der unterschiedlichen Nutzung: Dem Leistungsbedarf. Während Vollblüter in dem Alter häufig schon voll im Training sind, stehen Warmblüter oft noch auf der Weide und werden erst langsam antrainiert. Näheres zur Energieversorgung in der Pferdefütterung findet ihr in unserem Themenweltartikel: Energiequellen in der Pferdefütterung.
 


Janina Beule, M.Sc. Pferdewissenschaften
Juni 2023 ©AGROBS GmbH


Quellen:

  • Coenen, M.; Vervuert, I. (2020): Pferdefütterung. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart
  • Hois, C. (2004): Feldstudie zur Gewichtsentwicklung und Gewichtsschätzung beim wachsenden Pferd. URL: Feldstudie zur Gewichtsentwicklung und Gewichtsschätzung beim wachsenden Pferd (uni-muenchen.de)
  • Kamphues, J.; Coenen, M.; Eider, K.; Iben, C.; Kienzle E.; Liesegang, A.; Männer, K.; Wolf, P.; Zebeli, Q.; Zentek, J. (2014): Supplemente zur Tierernährung: für Studium und Praxis. Schlütersche, Hannover
  • Müller, A. (2004): Der Einfluss der Fütterungsintensität auf das Wachstum von Ziegenlämmern. URL: https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/16155/mueller.pdf?sequence=1&isAllowed=y
  • Rusitzka, T.V.; Greving, K.; Walther, S.; Kinder, T.; Diesterbeck, U.S.; C.-P., Czerny (2014): Entwicklung eines polyklonalen ELISA zur Bestimmung des equinen Immunglobulin A Gehalts.   Sitzenstock, F.; Waßmuth, R.; Westendarp, H. (2014): 1. Netzwerktagung Pferdewissen, Osnabrück. URL: https://www.hs-osnabrueck.de/fileadmin/HSOS/Studium/Studienangebot/Studiengaenge/Bachelorstudiengaenge/AuL/Landwirtschaft/Tagungsband_Netzwerk_Osnabrueck.pdf
  • Vervuert, I. (2011): Fütterung des Fohlens: Nur die Milch macht´s? Pees, M.; Aschenbach, J.R.; Gäbel, G.; Truyen, U.: LBH: 6. Leipziger Tierärztekongress - Tagungsband 2. URL:  https://core.ac.uk/download/pdf/226141386.pdf
  • Weyrauch-Wiegand, S.: Moderne Pferdefütterung, Multiprint Verlags GmbH